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Eine klimapolitische Wunschliste an die Lokalpolitik

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Eine klimapolitische Wunschliste an die Lokalpolitik

Liebe Leser,

dies eine Themen- bzw. To-Do-Liste für ein Gespräch, das ich als Bürger eines Hamburg Stadtteils mit verschiedenen Lokalpolitikern meines Stadtbezirks führen möchte. Naturgemäß beziehen sich viele der Einträge direkt auf meinen Bezirk Altona, aber das meiste dürfte allgemeingültig sein.

Diese Liste wird hier veröffentlicht und, soweit Interesse besteht, weiter gepflegt, falls andere einen Beitrag beisteuern oder ebenso lokalpolitisch aktiv werden wollen. Anregungen, Kommentare, Verbesserungsvorschläge an kontakt (at) hanno (dot) de willkommen.

Die Themen dieser Liste sind aus diversen Quellen gesammelte "schlaue Ideen", bei denen mir noch unklar ist, ob sie tatsächlich so schlau oder nur utopisch oder besserwisserisch sind. Ob sie vielleicht schon längst implementiert werden oder ob sie als unsinnig verworfen wurden und warum.

Viele sehen Klimapolitik als eine Top-Down-Entscheidung an. (Einen CO2-Preis wird man z.B. nur auf Bundes- oder Europa-Ebene festlegen können. Es ist unmöglich, einen CO2-Preis lokalpolitisch zu regulieren, ebenso wie man kein Start-Up dafür gründen kann.)

Es gibt aber viele kleine Bottom-Up-Entscheidungen, mit denen die Lokalpolitik Dinge verändern kann. In der Summe kann so von unten ausreichend Druck entstehen, um darüber die große Politik zu beeinflussen.

Ein Beispiel für so eine Entscheidung "von unten" ist die sogenannte Solarpflicht (siehe unten). Wenn man in der lokalen Bauordnung die Installation von PV-Anlagen zur Vorgabe macht, steigt der Anteil von erneuerbarer Energie im lokalen Stromnetz, der regionale Stromnetzbetreiber muss dann schneller ein Smart Grid mit Speichertechnologien implementieren, worüber fossile Energien wie Kohle schneller unnötig werden.

Klimanotstand

Die Lokalpolitik sollte nach dem Vorbild anderer einen Klimanotstand ausrufen und damit alle Entscheidungen für den Bezirk unter einen Klimavorbehalt stellen.

Divestment

Hamburg hat sich m.W. bislang noch nicht für ein Divestment entschieden. Warum? Der Bezirk soll entsprechend Einfluss auf den Senat nehmen und bezirkseigene Investments überprüfen.

Smart Grid: Bezirk soll fordern und Einfluss nehmen

Der Bezirk sollte aktiv dabei helfen, das Smart Grid vom Stromnetz Hamburg aufzubauen und für Endkunden und Unternehmen nutzbar zu machen.

Smart Grid: Stromspeicher im Bezirk

Der Bezirk sollte Flächen oder Gebäude identifzieren, die sich für innovative Stromspeichertechnologien im Smart Grid eignen, und in Rücksprache mit Stromnetz Hamburg dafür zur Verfügung stellen, z.B. für die Installation von 2nd-Life-Batterien in Behördengebäuden. Ebenso sollten Kleinspeicher (zB: Tesla Powerwall) bei Privathäusern und Unternehmen gefördert werden, wenn diese im Smart Grid für das gesamte Stromnetz nutzbar sind.

Smart Grid: Solarstrom auf Behörden- und Schuldächer

Alle städtischen Gebäude des Bezirks sollten bei entsprechender Eignung Solardächer erhalten. Der darüber erzeugte Solarstrom sollte über das Smart Grid von Stromnetz Hamburg gesteuert, gespeichert und verteilt werden.

Anekdote: Obwohl zB das große Dach der Schule nebenan für eine Solaranlage sehr gut geeignet wäre, war es mir nicht möglich herauszufinden, wer deren Bau entscheiden und umsetzen könnte. Alle von mir angesprochenen Schul- und Behördenmitarbeiter waren nicht zuständig oder nannten die zu komplizierte Bürokratie als Grund, diesen Plan gar nicht angehen zu wollen. Es gibt offenbar keinen Behördenmitarbeiter, der dieses Thema voranbringen soll oder möchte.

Smart Grid: Solarpflicht in die Bauordnung

Nach dem Vorbild der Stadt Tübingen sollte der Bezirk eine Solarpflicht in die Bauordnung übernehmen, so dass alle zu genehmigenden Neubauten nach Möglichkeit mit einem Solardach geplant werden. Der Bezirk sollte sich hierfür über die Erfahrungen aus Tübingen informieren. Der darüber erzeugte Solarstrom sollte nach Möglichkeit über das Smart Grid von Stromnetz Hamburg gesteuert, gespeichert und verteilt werden.

Ökostrom in Privat- und Unternehmensgebäude

Immobilienverwalter haben eine große Macht bei der Auswahl des Stromanbieters. Der Bezirk sollte Verwalter - irgendwie - motivieren, dass die von ihnen betreuten Wohneigentümergemeinschaften zu Ökostrom wechseln, damit die zahlreichen Wohnhäuser im Bezirk Öko-Gemeinschaftsstrom beziehen.

(Anekdote: Nach einem Verwalterwechsel wollte jüngst unser neuer Verwalter ohne Rückfrage den Ökostrom-Vertrag des Hauses zurück zu Nicht-Öko wechseln, weil er das "bei all seinen Objekten" so macht und dort "bessere Konditionen" kriegt.)

Ebenso sollten Unternehmen im Bezirk dazu motiviert werden, auf Ökostrom zu wechseln.

Ökostrom in Behörden?

Es wäre zu prüfen, wie die Energieverträge der behördlichen Gebäude im Bezirk aussehen. Nutzen diese bereits Ökostrom via Hamburg Energie?

Keine Fernwärme aus Kohle

Mit "Tschüss Kohle" wurde ein Ausstieg aus der Kohle-Energie im Fernwärmenetz für 2030 verhandelt. Dies ist zu spät, der Bezirk sollte auf einen früheren Zeitpunkt drängen.

Emissionen: Verbot von Laubbläsern mit Verbrennermotor

Benzinbetriebene Laubbläser nerven nicht nur mit ihrem Lärm, sie sind unfassbar ineffizient und produzieren überraschend viele Emissionen. Überall auf der Welt gibt es Bestrebungen, die Benzinvariante zu verbieten, und es wäre sinnvoll, dies auch in Hamburg durchzusetzen.

Emissionen: Verbot von Zweitakt-Motoren

Alle Geräte und Fahrzeuge mit Zweitakter-Motoren sollten aus dem Bezirk verbannt werden. Prinzipbedingt sind diese Motoren laut, ineffizient und emissionsintensiv, dabei gibt es längst für alles elektrische Varianten, z.B. E-Mopeds. Es gab bereits 2010 entsprechende Bestrebungen auf Bundesebene, aber noch immer knattern die nervigen Zweiräder durch Altona.

Emissionen: Konkretes Ende für Verbrenner-Neuzulassungen

Andere machen es vor. Der Bezirk sollte den Senat dazu auffordern, ein konkretes Enddatum für Neuzulassungen von Verbrennerfahrzeugen zu entscheiden. Oder soweit möglich selbst ein solches Datum für den Bezirk festlegen.

Emissionen: Blaue Plakette / Umweltzone

Die Sperrung entlang der Stresemannstraße / Max-Brauer-Allee ist eine halbherzige Lösung. Als vom Diesel-Fahrverbot betroffener Stadtteil sollte sich Altona dafür einsetzen, eine übergreifende Innenstadt-Umweltzone mit Pflicht zur blauen Plakette durchzusetzen.

Emissionen: Ende für Diesel-Subvention

Die immer wieder neuen Defeat-Device Skandale beweisen eindrucksvoll, dass die Autoindustrie den von ihr versprochenen Umweltvorteil von Dieselmotoren in der Praxis nicht mehr erfüllen kann. Damit ist auch der Grund für eine staatliche Bevorzugung von Dieselmotoren hinfällig geworden. Als vom Diesel-Fahrverbot betroffener Stadtteil sollte sich Altona dafür einsetzen, dass der steuerliche Subventionsvorteil für Dieseltreibstoff abgeschafft wird.

Emissionen: Weniger dreckige Hafenfähren und -schlepper

Es wurden kürzlich neue dieselelektrische HVV-Fähren eingeführt. Diese mögen ein Fortschritt sein, aber eigentlich müssen wir möglichst schnell vollelektrische HVV-Fähren und sauberere Schlepper in den Hafen kriegen. Es gibt wohl in Skandinavien einige Neuentwicklungen dazu, keine Ahnung ob diese als Nahverkehrsfähren in Hamburg geeignet wären. Hamburg sollte in diese Richtung Druck machen und entsprechende Entwicklungen bei den Werften einfordern, ggf. in Zusammenarbeit mit anderen Häfen (so wie der HVV es bei den Elektrobussen bereits als Einkaufsgemeinschaft mit anderen Großstädten gegenüber den Herstellern macht).

Emissionen: Landstrom und Emissionsstandards im Hafen

Es wird bereits an einer Landstrom-Anlage gearbeitet, aber ist diese mehr als Greenwashing? Gibt es Bestrebungen, hier mit anderen Häfen zusammenzuarbeiten? Es wäre doch sinnvoll, wenn mehrere europäische Großhäfen gemeinsame Emissionsstandards und Landstrompflicht für ankommende Schiffe festlegen, diese mit zeitlichem Ultimatum schrittweise verschärfen und sich dabei nicht gegenseitig bei den Stinker-Strafgebühren unterbieten.

Mobilität: Fahrradparkplatzpflicht in die Bauordnung

Alle zu genehmigenden Neubauten sollten mit ausreichend Fahrradstellplätzen für die Bewohner / Nutzer geplant werden. Dies ist im Bezirk zur Zeit nicht der Fall.

Mobilität: Belohnung für Autoverzicht

Es sollte ein konkretes Belohnungsprogramm geben für Haushalte, die auf ein Auto verzichten. Z.B. wer nachweislich sein Auto abgibt, kriegt für alle Haushaltsmitglieder eine HVV-Jahreskarte geschenkt - die dann aber auch zu einem festgelegten Zeitpunkt nach x Jahren ausläuft und ab dann auf eigene Kosten verlängert werden muss. Ebenso diese Belohnung für jeden Neubürger, der nachweislich ohne Auto in den Bezirk zieht und sich ab dann auch keins zulegt.

Mobilität: Mikrodepots und Fahrradauslieferung für die letzte Meile

Der Bezirk sollte geeignete städtische Gewerbeflächen identifizieren und diese den Paketdiensten für den Aufbau von Mikrodepots zur Verfügung stellen, damit diese für die Auslieferung auf der letzten Meile aufs Lastenfahrrad umsteigen.

Mobilität: Bezirk soll Elektrobusse fordern

Der HVV hat angekündigt, in Hamburg schrittweise Elektrobusse einzusetzen. Der Bezirk soll fordern, dass diese zuerst hier in Altona fahren, und bei dem Bau dafür notwendiger Elektro-Infrastruktur helfen.

Mobilität: Schnellladesäulen an alle Taxistände im Bezirk

Damit die Taxiunternehmen schneller auf BEVs umsteigen, sollte der Bezirk ihnen die entsprechende Schnelllade-Infrastruktur bauen. An Taxiständen wie z.B. vor dem Bahnhof Altona warten die Taxis lang genug, um ein BEV nachzuladen.

Mobilität: Ladepark in Autobahn-Nähe

Der Bezirk sollte prüfen, ob es geeignete städtische Flächen in direkter Nähe einer Autobahnauffahrt gibt, wo man einen Schnell-Ladepark aufbauen kann, der sowohl Durchreisende als auch die Anwohner der Umgebung bedienen kann.

Ideal wäre imho ein Standort im Gebiet Othmarschen Park, weil hier die durchreisenden E-Autofahrer kurz die Autobahn verlassen und aufladen können, während Anwohner aus Hamburg hier bei Einkauf oder Kinobesuch ihr BEV laden können.

Stromnetz Hamburg kann so einen Ladepark betreiben, es gibt aber auch kommerzielle Betreiber wie den holländische Anbieter Fastned, der solche Flächen entlang der deutschen Autobahnen pachten will (hier deren Anforderungen).

Mobilität: Ladeinfrastruktur in privaten Garagen fördern

Es gibt zwar mit ELBE ein Förderprogramm für den Bau von privater Ladeinfrastruktur, doch sind die Ansprechpartner schwer zu erreichen und interessierte WEGs erhalten keine schnellen oder konkreten Antworten. Das Programm sollte ausgebaut werden, damit interessierte WEGs schneller ihre Garagen mit gemanageten Wallboxen ausstatten können.

Wie der Politik bekannt, werden Mieter und einzelne Eigentümer noch immer ausgebremst, wenn Vermieter oder WEG dem Bau von Wallboxen nicht zustimmen. Hier sollte der Bezirk sich für das geplante Recht auf Wallbox stark machen.

Mobilität: Weniger Diesel-Loks im Fernverkehr

Der Staat kann über die Ausschreibung an die Bahnunternehmen nicht nur Einfluss darauf nehmen, wie oft eine Strecke bedient wird, sondern auch womit. Der Bezirk sollte über diesen Hebel fordern, dass die Bahnunternehmen beim Anfahren des Bahnhofs Altona (bzw. künftig Diebsteich) auf den Einsatz von Diesel-Loks verzichten und stattdessen die neueren Batterie- oder Hybrid-Loks einsetzen.

Mobilität: Weniger Verbrenner in Autoflotten

Der Bezirk sollte Anreize für Unternehmen schaffen, ihre Verbrenner-Autos durch BEVs oder Lastenräder zu ersetzen. Da gibt es zwar schon einiges, aber die Angebote dafür liegen wohl ungenutzt herum. Die Unternehmen kennen die Anreize nicht oder trauen sich nicht.

Mobilität: Carsharing für Gewerbe

Man sollte prüfen, ob sich stationsbasiertes Lastenrad- und Carsharing auf Gewerbe ausweiten lässt. Mietstationen mit typischen Gewerbe-Fahrzeugtypen wie Transportern / Kleinlastern / Lastenfahrrädern, platziert bei den Gewerbehöfen / -gebieten des Bezirks, danach die Gewerbetreibenden in der Nachbarschaft über deren Existenz informieren. (Sinnvolle Idee oder nicht? Mir ist bisher kein solches Konzept als kommerzieller Erfolg aus anderen Städten bekannt.)

Mobilität: Lastenfahrradförderung

In Berlin gibt es eine erfolgreiche Lastenfahrradförderung, die "auf eine enorme Resonanz" stößt. Lässt sich ein solches Förderprogramm auch in Hamburg umsetzen?

Mobilität: Vorrang für Fahrrad

Es wird in Altona mit Velorouten, und Fahrradwegausbau schon viel für die Verkehrswende getan, was man anerkennen muss. Diese Entwicklung ist mühsam und dürfte gerne schneller sein, die Anstrengungen sollten also forciert werden.

"Ottensen macht Platz" ist ein beeindruckendes Experiment, das in meinem persönlichen Umfeld als ein Erfolg wahrgenommen wird. Eine Ausweitung der autofreien Zone in Ottensen wäre zu begrüßen.

Mobilität: Sagt doch mal Dankeschön

Gelegentliche, gut sichtbare "Dankeschön"-Aktionen des Bezirks für umweltfreundliches Verhalten, über die man gerne spricht. Es ist nur wichtig, dass dies vom Bezirk / der Stadt kommt, nicht von einer Partei oder einem Politiker, damit dies nicht als Wahlwerbung missverstanden wird.

Mobilität: Anwohnerparken & vermehrte Kontrollen

Im Stadtteil Ottensen wird jeder freie Straßenmeter zugeparkt. Es wird zu selten kontrolliert und selbst regelmäßige Knöllchen sind am Ende günstiger als eine Parkplatzmiete.

Das aktuelle Wildparken sollte durch vermehrte Kontrollen und Anwohnerparken in den am stärksten betroffenen Bereichen beendet werden.

In Amsterdam und anderen Städten werden Falschparker automatisch von Scan-Autos erkannt, Wildparken wurde so praktisch vollständig beendet. Warum nicht hier?

Taskforce Klimaschutz für Unternehmen und Behörden

Viele KMUs kennen die möglichen Klimaschutzmaßnahmen und Förderprogramme gar nicht - oder sind skeptisch, dass sie zu ihnen passen könnten. "So haben wir das schließlich immer gemacht." Eine Taskforce der Stadt / des Bezirks wäre sinnvoll, die reihum alle Unternehmen und Behörden des Bezirks durchgeht, sich deren Situation anguckt und dann zum jeweiligen Fall maßgeschneiderte Maßnahmen vorschlägt (Umbauten für Energiesparmaßnahmen, PV-Anlage, Flottenelektrifizierung oder Umstieg auf Lastenrad) und bei Umsetzung und Finanzierung hilft.

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