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Informatik als Beruf FAQ

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#Informatik-als-Beruf-FAQ

Hintergrund: Ich berate ab und zu mal Schüler zu dem Thema Informatik. Ich habe hier wesentliche Punkte aufgeschrieben. Diskussionen bitte als Issues einstellen. Änderungsvorschläge gerne als Pull Request. Persönliche Nachfragen bitte an eberhard.wolff@gmail.com . Die FAQ findet sich unter https://github.com/ewolff/InformatikFAQ .

Die FAQ soll nicht konkrete Studien- oder Ausbildungsmöglichkeiten aufzeigen, sondern allgemeine Hinweise und eine erste Orientierung bieten. Weitere Quellen findet man im Internet sicher leicht.

##Wie sind die Berufsaussichten?

Sehr gut. Typischerweise sind IT-Unternehmen im Wachstum durch den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften begrenzt. Nur in der Krise 2000/2001 und in einem geringeren Maße 2008 war die Situation nicht so gut. Software wird in allen Branchen immer wichtiger, so dass die Situation sich nicht ändern sollte. Aktuell zeigen das Trends wie IoT (Internet of Things) und Digitalisierung, die Software auch in vielen anderen Branchen sehr wichtig machen werden. Informatiker gibt es auch in fast allen Branchen.

Software wird aber seit Jahren in allen Branchen immer wichtiger, so dass diese positive Situation sich auf absehbare Zeit nicht ändern sollte.

Bedarf für Informatiker gibt es auch in fast allen Branchen.

##Was arbeitet ein Informatiker typischerweise?

Im Mittelpunkt steht meistens die Entwicklung von Software zur Unterstützung von Geschäftsprozessen, oder Maschinen - also beispielsweise:

  • Automatisierung von Lagerverwaltung.
  • Steuerung und Regelung in Maschinen, beispielsweise Autos, Flugzeugen, Schiffen.
  • Steuerung von Produktionsprozessen in jeglicher Art von Fabrikanlagen, beispielsweise in der chemischen Industrie, der Automobilbranche oder dem Maschinenbau.
  • Steuerung unserer Energieversorgung: Stromerzeugung, -verteilung und -verkauf.
  • Roboter
  • Jegliche Art anspruchsvoller Elektronik, also DVD-/Blueray-Player, alle Arten von Audio-/Soundgeräten, Navigationsgeräte, moderne Wasch- und Spülmaschinen, Telefone

Darüber hinaus gibt es viele Unternehmen, die über das Web oder mobile Apps direkt ihr Geschäft betreiben - beispielsweise als ECommerce-Unternehmen. Die meisten Informatiker sind in diesen Bereichen beschäftigt. Entweder als Mitarbeiter der Firmen oder bei IT-Dienstleistern (genannt IT-Berater). Spieleentwicklung o.ä. nimmt nur einen kleinen Teil des Marktes ein.

Rund um die "Entwicklung"...

Neben der reinen Programmierung gehören zur Entwicklung anspruchsvoller (größerer, schwierigerer, riskanter) Software noch eine ganze Reihe begleitender Tätigkeiten, für die Informatiker prädestiniert sind:

  • Planung und Entwurf der Systeme (sozusagen die Erstellung der Software-Baupläne)
  • Detaillierte Klärung der jeweiligen Anforderungen (das so genannte Requirements Engineering)
  • Prüfung und Test der entwickelten Software
  • Abstimmung der Arbeitsaufgaben in Teams: größere Softwaresysteme werden oftmals von Dutzenden unterschiedlicher Personen bearbeitet... da fallen jede Menge interessanter Abstimmungstätigkeiten an.

##Wie mache ich als Informatiker Karriere?

Karriere kann hierbei mehrere Dinge bedeuten:

  1. Mehr Geld,
  2. mehr Entscheidungsbefugnis (geht meistens mit 1. einher),
  3. mehr inhaltliche Verantwortung
  4. mehr technische Verantwortung (von 1. oft unabhängig)
  5. mehr Personalverantwortung (geht meist mit 1. einher)

Typischerweise beginnt man als Entwickler und wird später Projektleiter (mit entsprechend höherem Gehalt).

Ein weiterer Aufstieg ins Management ist dann möglich - bedarf aber verstärkter kommunikativer Fähigkeiten und ordentlichem Durchsetzungsvermögen.

Eine technische Karriere als Software-Architekt ist ebenfalls denkbar - dann koordiniert man auf technischer Ebene Software-Projekte. Eine weitergehende technische Karriere ist möglich, aber die Ausnahme.

Karriere in der Selbständigkeit

Als Informatiker oder Softwareentwickler benötigt selbständige Tätigkeit (sprich: ein eigenes Unternehmen gründen) nur sehr wenig Investitionsmittel, im Gegensatz zu vielen anderen Berufen!

Daher gibt es in der Informatik auch viele Freiberufler oder ganz kleine Unternehmen, die Informatik als Dienstleistung anbieten und damit ein gutes Auskommen bei einem hohen Maß an Selbstbestimmung und persönlichen Freiräumen erreichen.

Das gelingt Menschen mit viel Berufserfahrung und Spezialwissen natürlich leichter.

##Welche Überraschungen gibt es im Berufsbild?

Hoher Anteil an Kommunikation mit anderen Menschen

Informatiker müssen sehr viel kommunizieren:

  • mit Kunden, um zu verstehen, was genau umgesetzt werden muss.
  • mit anderen Informatikern: Da praktisch jedes ernsthafte Projekt für einen einzigen Entwickler zu groß ist, müssen Informatiker auch untereinander kommunizieren. Informatiker müssen also viel mehr als nur Technik können. Den einsamen Technik-Hacker gibt es nur sehr selten für sehr spezielle Aufgaben.

Möglichkeiten flexibler Arbeitsgestaltung

Informatiker benötigen zur Arbeit oft nicht viel mehr als einen Laptop - daher ist Arbeit von zu Hause aus oder in Form von anderen innovativen Arbeitsweisen viel häufiger in der Informatik zu finden.

Einige unserer Kollegen arbeiten oft zuhause oder in Co-Working Spaces.

Immens hoher Anteil an ständiger Weiterbildung

Erkenntnisse bzw. technische Grundlagen der Informatik entwickeln sich in den letzten Jahren mit schier unglaublicher Geschwindigkeit weiter. Das bedeutet, dass Wissen ziemlich schnell veraltet - und Informatiker ständig mit ihrer eigenen Weiterbildung beschäftigt sein müssen (!!). Das macht ungeheuer viel Spaß - benötigt auf der anderen Seite aber auch eine gehörige Motivation.

##Ich will Computerspiele entwickeln! Hilft mir dafür eine Ausbildung zum Informatiker?

Ja. Aber...

Sehr viele Schüler träumen davon, Computerspiele-Entwickler zu werden. Die "Gaming-Branche", hat allerdings mit einigen Besonderheiten aufzuwarten. So ist zum Beispiel der Erfolg des Produkts nicht vorhersagbar und die Firmen können deshalb sehr schnell wachsen und dann ebenso schnell wieder in sich zusammenfallen. Die Entwickler werden teilweise direkt für Projekterfolge oder -misserfolge zur Verantwortung gezogen und stehen deshalb unter sehr großem Druck. Überstunden, Nacht- und Wochenendschichten können die Regel sein. Die Bezahlung ist im Vergleich mit anderen Branchen eher schlecht und die Fluktuation unter den Mitarbeitern ist hoch.

Nach so viel Vorwarnung nun das Positive: Lange gab es kaum Game-Entwicklerstudios in Deutschland, das hat sich gewandelt und es gibt Bedarf aus der Spielebranche. Mehrere Firmen sind erwachsen geworden und bieten ihren Mitarbeitern heute vernünftige Arbeitsbedingungen. Nur darf man nicht eine Rockstar-Karriere erwarten.

Die von den Entwicklern zu lösenden Probleme unterscheiden sich teilweise deutlich von denen, die man in den klassischen Branchen findet. Ebenso ist die Atmosphäre in den Spiele-Firmen eher geprägt von Kreativität und einer gewissen Verspieltheit, Buntheit und Lockerheit und bietet auch damit einen starken Kontrast zur klassischen Business-Software Entwicklung. Die Teams sind häufig international, sodass gute Englischkentnisse unabdingbar sind. Die Zusammenarbeit mit "Kreativen" und häufig und schnell sich ändernden Anforderungen bestimmt das Tagesgeschäft der Entwickler, was man je nach persönlicher Disposition als "positiv-dynamisch" oder "negativ-chaotisch" bewerten wird.

Generell wird allerdings eher zum Studium geraten.

##FH / Uni / Promotion / Ausbildung?

Meistens geht es in der Branche um die Fähigkeiten und weniger, wie man sie erworben hat. Auch ein abgebrochenes Studium kann als Qualifikation genügen. Man kann sich also durchaus hocharbeiten, indem man das notwendige Wissen in der Praxis erwirbt. Einige Unternehmen legen allerdings Wert auf eine formale Qualifikation.

FH ist eher praktisch, Uni eher theoretisch und breiter angelegt - man muss entschieden, was man lieber mag. Ich persönlich finde eine Ausbildung nicht so sinnvoll, habe aber auch schon mit sehr guten Leuten zusammengearbeitet, die eine Ausbildung gemacht haben. Promotion finde ich persönlich übertrieben (sagt @ewolf)

Ergänzende Bemerkung von Gernot Starke (ich habe in Informatik promoviert): Mir hat die Promotion in meinen beratenden Tätigkeiten ungeheuer viel geholfen: In Diskussionen mit leitenden Managern, Geschäftsführern und Vorständen brauche ich (aufgrund meines Doktortitels) oftmals nicht mehr meine Informatik-Kompetenz begründen oder irgendwie belegen, sondern wurde aufgrund des Titels als sachkundiger Gesprächspartner akzeptiert. Das hat mir persönlich viel geholfen. Ich habe meine Promotion allerdings auch mit sehr praktischer Arbeit verbinden können...

Im öffentlichen Dienst sind die Gehälter an den Studienabschluss gekoppelt. Die Gehälter sind im Vergleich zur Industrie aber niedriger. Dafür gibt es im öffentlichen Dienst beispielsweise wesentlich kürzere Arbeitszeiten. Für den öffentlichen Dienst ist ein Studium also sehr sinnvoll.

##Was lernt man im Studium?

Im Wesentlichen:

  • Software-Entwicklung - praktisch Programmieren, Programmiersprachen etc.

  • Technische Informatik - Hardware und Hardware-Design

  • Theoretische Informatik - Algorithmen, was kann mit welchem Aufwand berechnet werden?

  • Mathematik, Nebenfächer (je nach Uni)

Fächer wie Medieninformatik oder Bioinformatik kombinieren Informatik mit Fachwissen in bestimmten Anwendungsbereichen. Mein Eindruck ist aber, dass die meisten außerhalb dieser Bereiche arbeiten. Daher finde ich eigentlich Informatik oder Wirtschaftsinformatik am sinnvollsten.

##Würdest Du wieder studieren?

Ja und auch wieder an der Uni. Ich fand die Theorie spannend und habe Themen wie funktionale Programmierung kennengelernt, die erst in den letzten Jahren aktuell wurden.

##Benötige ich Mathematik-Kenntnisse?

Mathematik kann im Studium einen wichtigen Teil einnehmen - in meinem war es allerdings nicht so. Siehe auch oben: Es kann zu den Nebenfächern gehören.

Aber: Software-Entwicklung ist oft wie das Erarbeiten eines Lösungsansatzes für Text-Aufgaben in der Mathematik. Wichtig ist, wie man aus einer Aufgabe eine mathematisches Gebilde entwickelt. Damit versorgt man dann den Computer, der die Berechnungen anstellt. Daher ist mathematisches Denken schon wichtig - aber nicht konkretes Mathematik-Wissen.

##Wie ist der Frauen-Anteil?

Viel zu niedrig. Es gibt aber Initiativen, die versuchen, dieses Problem zu lösen.

##Lizenz der FAQ

Creative Common Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen

Es ist erlaubt, die FAQ zu verbreiten, zu remixen, zu verbessern und darauf aufzubauen, allerdings nur nicht-kommerziell und solange Eberhard Wolff als Urheber des Originals genannt wird und die auf der FAQ basierenden neuen Werke unter denselben Bedingungen veröffentlicht werden.

Siehe https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/

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